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Eine Verdoppelung der Stromerzeugung aus neuen Windenergieanlagen im Hamburger Außengebiet wäre möglich, wenn der Senat den Weg für das entsprechende Repowering, also den Ersatz alter durch neue Anlagen, frei machen würde. Schon seit Langem wirbt der Landesverband Hamburg des Bundesverbandes WindEnergie e.V. (BWE) gegenüber der zuständigen Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft für diese mit Blick auf die Klimakatastrophe wichtige Leistungssteigerung. Dafür wäre eine Änderung des Flächennutzungsplans erforderlich, in dem eine für die Modernisierung zu geringe Nabenhöhe festgeschrieben ist, und damit die notwendige und sinnvolle Verbesserung blockiert.

Knapp zusammengefasst geht es nach Darstellung des BWE darum: Eine Änderung der Höhenbegrenzung mit einer geringfügigen Erweiterung des Flächennutzungsplanes würde eine Windenergiepotenzialsteigerung um immerhin 62 MW bringen. Von heute 19 Anlagen wären dafür nur 15 Anlagen erforderlich. Diese würden circa 140 Millionen kWh statt bislang nur 14 Millionen kWh liefern können. Das wäre eine Steigerung um das Zehnfache. Im Ergebnis würden damit rund 70.000 Tonnen CO2-Emissionen gegenüber heute rund 7.000 Tonnen vermieden.

Bereits im letzten Jahr hatte der Windverband die Pläne den Fachleuten in der Umweltbehörde in Gesprächen und auch mit entsprechenden Unterlagen erläutert und dargestellt, welche Vorteile die Umrüstung für den Klimaschutz hätte, weil bei einer Leistungssteigerung auch eine deutliche Reduzierung bei den CO2-Emissionen erreicht werden kann. (Siehe auch hier: Hamburger Abendblatt)

Inzwischen hat die neue Bundesregierung erklärt, dass sie das Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien deutlich beschleunigen will. Ein erstes Maßnahmen-Paket hat die Bundesregierung Ostern auf den Weg gebracht, weitere Maßnahmen sind in Vorbereitung und sollen bis zum Sommer auf den Weg gebracht werden.

Doch schon im aktuellen Hamburger Koalitionsvertrag hatten sich SPD und Grüne darauf festgelegt, die Erneuerbaren und den Windausbau voranzubringen, auch wenn die Potenziale im Vergleich zu den Flächenländern sicherlich begrenzt sind. Auszug Koalitionsvertrag SPD – Grüne 2020 – 2025, Seite 66: „Erneuerbare Energien: Die Koalitionspartner treiben die Energiewende in Hamburg weiter voran. Potenziale für die urbane Nutzung erneuerbarer Energien werden neben den entsprechenden Anforderungen des Klimaschutzgesetzes durch Förderprogramme, Beratungen, Festsetzungen in B-Plänen, Quartierskonzepte und die Nutzung für öffentliche Gebäude gehoben. Die Möglichkeiten desweiteren Ausbaus der Windenergie sind in Hamburg aufgrund der Flächenknappheit begrenzt. Gleichwohl werden wir zusätzliche Standorte für Windenergieanlagen prüfen und den Ausbau vorantreiben, soweit geeignete Flächen nachgewiesen werden.“ (Siehe auch hier). Doch auch zwei Jahre nach den Bürgerschaftswahlen im Februar 2020 kommt die Windenergie in einfach nicht vorwärts.

Mit einer Schriftlichen Kleinen Anfrage hatte der Abgeordnete Stephan Jersch (Fraktion DIE LINKE) bereits im Dezember 2021 den rot-grünen Senat um konkrete Aussagen zu diesem Projekt und auch zu den weiteren im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellten Ausbau-Maßnahmen gebeten. Doch die Senatsantworten bleiben vage und ausweichend.

(Der Link zur Seite von Stephan Jersch dazu; direkte Link auf die Drucksache in der Mediathek der Bürgerschaft: Angekündigt: Windenergieausbau in Hamburg – Mehr erneuerbarer Strom für den Klimaschutz“ (Drs. 22/6577)

Konkret zum Repowering teilt der Senat mit: „Der beschriebene Problemzusammenhang zwischen Höhenbegrenzung, Windenergieanlagen und Ausbaupotenzial kann bestätigt werden. Geteilt werden allerdings nicht die gezogenen Schlussfolgerungen, die Annahmen zu einer Unmöglichkeit des Repowerings mit bisherigen Anlagenhöhen und auch nicht – die ohne weitere Zahlen zudem nicht überprüfbaren – Annahmen zum mengenmäßigen Ausbaupotenzial und zur Klimaschutzwirkung eines etwaigen Repowerings.“

Vorschläge oder Maßnahmen, wie es anders zu einer solchen Modernisierung und Verstärkung des Klimaschutzes kommen kann, teilt der Senat auch insgesamt nicht mit: „Aktuell stellt die zuständige Behörde Überlegungen zur Erschließung eines weiteren Windenergiepotenzials in Hamburg an. Dabei werden auch die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Windenergieanlagenausbau evaluiert. Da die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, kann zu den Ergebnissen und zu dem Zeitpunkt keine Aussage getroffen werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.“

Der BWE hat in Reaktion auf die Antworten des Senats mit der Behörde nochmals Kontakt aufgenommen und weitere Informationen zur Verfügung gestellt.

Die Tagesthemen berichteten am 02.05.2022, dass der Windenergieausbau in Deutschland hinter den Plänen der Bundesregierung zurückbleibt. Selbst bei den Stadtstaaten ist Hamburg hinter Bremen abgeschlagen: „Bei den Stadtstaaten zeigte sich ungeachtet der nicht mit den Flächenländern vergleichbaren Ausgangslage ebenfalls ein großer Unterschied. Während Bremen immerhin auf rund 1,0 Prozent kommt, hat Hamburg nur 0,23 Prozent der Fläche für Windenergie ausgewiesen. Im Flächennutzungsplan des Landes Berlin existieren keine explizit ausgewiesenen Flächen für Windenergie.“

Grund genug, dass der Bürgerschaftsabgeordnete Stephan Jersch jetzt – ein knappes halbes Jahr nach seiner ersten Anfrage – nachlegt und eine neuerliche Anfrage mit dem Titel „Mehr Tempo beim Ausbau der Windenergie in Hamburg“ auf den Weg gebracht hat. Wir werden berichten.